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Gesprengte Ketten

Pornografie in der Ehe

Die Autoren sind der Redaktion bekannt, ihre Namen wurden zur Wahrung der Privatsphäre geändert.

Jochen war viele Jahre in der Pornosucht gefangen. Als seine Frau Silke das entdeckte, brach für sie eine Welt zusammen. Gemeinsam erzählen sie, wie sie erst ein Seminar besuchten, Gott anschließend diese Ketten sprengte und dann Heilung möglich wurde.

Ich hatte gerade unsere Cocktails bestellt, als meine Frau mir die Frage stellte, die noch Folgen haben sollte: „Sag mal, Jochen, was erwartest du eigentlich von diesem Seminar?“ Silke und ich hatten beide zu dem Zeitpunkt bereits eine Ehe hinter uns und waren in unserem zweiten Ehejahr. Wir lebten mit einer Menge Gepäck auf den Schultern, was uns belastete. Freunde von uns, die bei team-f aktiv sind, hatten uns aus diesem Grund das Seminar „Versöhnt leben“ empfohlen und meinten, das Wochenende würde uns gut tun. So saßen wir nun bei unserem Cocktail, einen Abend vor unserem Seminar und ich antwortete spontan auf Silkes Frage:

Ich erwarte, dass Gott mit uns beiden Geschichte schreiben wird.

Anmerkung: Sage so etwas nicht, wenn du es nicht wirklich meinst. Gott könnte deine Bitte ernst nehmen. Aber erstmal dazu, wie alles eigentlich begann.

Jochens Weg hinein in die Pornosucht
Als Jugendlicher wurde mir Sexualität durch meine Eltern als etwas Peinliches und fast schon Unanständiges vermittelt. Ich machte meine eigenen Erfahrungen. Damals gelangten über Umwege Erotik-Magazine in unser Haus. Ich fand das aufregend und habe sie mir heimlich aus der Mülltonne geholt und nutzte diese zur Selbstbefriedigung. Ich fuhr mit dem Fahrrad in den Nachbarort, wo mich keiner kannte, und kaufte mir heimlich Pornos oder lieh mir Videos aus. Ich blieb länger als meine Eltern auf und schaute Softpornos, die nach 0:00 Uhr im Fernsehen liefen.

Die Abfolge war immer die gleiche: Ich war erregt durch die Begegnung mit dem Unerlaubten, ich konsumierte, ekelte mich anschließend vor mir selbst, hatte ein schlechtes Gewissen und musste mir unmittelbar danach eine Ausrede überlegen. Direkt fing aber die Suche nach weiteren Quellen, besseren und erotischeren Bildern an. Der Druck wurde jedes Mal größer.

Ich begann intensiv, eine Parallelwelt aufzubauen und zu pflegen. Einerseits war ich in der Gemeinde tätig, andererseits auf der Suche nach dem besonderen Kick. Ich versuchte in den weiblichen Begegnungen meine Wertigkeit zu suchen, zog in Gedanken die Frauen aus und speicherte sie in meiner Bildergalerie.

Immer tiefer in die Sucht
Selbst vor meiner Ehe machte Pornografie nicht Halt. Offen habe ich mir das nicht eingestanden, aber ich fühlte mich mittlerweile wie eine Marionette, die in die Freiheit will, aber an Fäden festgehalten wird.

Ich begann, Deals mit Gott zu schließen, mich mehr für ihn einzusetzen, um ihn milde zu stimmen. Nichts davon funktionierte. Im Gegenteil, es wurde immer schlimmer. Mittlerweile hatte sich meine Pornosucht auf Telefonsex und das Internet ausgeweitet.

Die Tatsache, dass ich mir nach außen nichts anmerken lassen durfte, machte mich zum Meister der Täuschung.

Ich entwickelte eine fast narzisstische Selbstverliebtheit, schaute Frauen hinterher und suchte durch einen Blickkontakt mit ihnen Bestätigung. Von Silke entfernte ich mich innerlich und sie spürte, dass sie mich nicht mehr erreichen konnte.

An der Stelle waren wir, als wir an dem besagten Abend in der Bar saßen und darüber sprachen, was wir von dem anstehen den Seminar erwarteten. Wir starteten in das Seminar und erlebten tiefe Begegnungen mit Gott in unserer Persönlichkeit. An einem der Nachmittage sprach mir mein Seminarleiter eine prophetische Zusage zu: „Zur selben Zeit, spricht der HERR Zebaoth, will ich dich, meinen Knecht, nehmen und dich wie einen Siegelring halten; denn ich habe dich erwählt, spricht der HERR Zebaoth.“ (Haggai 2,23) Ohne diesen Zuspruch hätte ich nicht die Kraft gehabt, die folgenden Monate zu überstehen. Denn nun begann erst die richtige Arbeit.

Silkes Entdeckung nach dem Seminar
Es ist Freitagabend. Ich komme vom Einkaufen nach Hause. Totale Stille im Haus. Langsam gehe ich die Treppe hoch. Jochen sitzt im Arbeitszimmer neben dem Schlagzeug am Computer. Erschrocken, leicht errötet fragt er stotternd: „Na Schatz, hast du tolle Schuhe gekauft?“

Schuhe …? Was ist hier los? Hör mir auf mit Schuhen. Irgendetwas stimmt nicht. Ich möchte weglaufen. Ich habe Angst vor der Wahrheit, die ich erahne. Ich bitte ihn, die Wahrheit zu sagen. Nein, Schlagzeug spielen war das nicht nur. Schließlich durchsuche ich den Verlauf des Computers. Viele Fenster waren geöffnet. Mir dreht sich alles. Mich ekelt es. Ich will das nicht sehen. Er hat mir doch gesagt, dass er das nicht braucht?! Hat er mir nicht vor kurzem im Seminar gesagt, dass er zu den 30 Prozent gehört, die keine Pornografie konsumieren? Er sagte zu mir, ich könne stolz auf ihn sein! Ich hatte ihm geglaubt!!! Seine Ausrede, dass das bestimmt die Kinder waren, lässt Panik entstehen. Er sagt, es sei nur ein Lied auf YouTube gewesen, „Für den König“, das er auf dem Schlagzeug begleitet habe … Ich laufe barfuß aus dem Haus, ich renne soweit ich kann und schreie leise in mich hinein: „JESUS, JESUS, JESUS!“ Mir fehlen die Worte.

Wieder zuhause angekommen, diskutieren wir heiß, bis aufs Blut. Jochen hat weitere Ausreden parat. Irgendwann kraftlos bitte ich ihn, mit mir zu beten. Ich bete: „Jesus, übernimm DU nun das Ruder.“ Da bricht Jochen zusammen und sagt: „Ja, ich war es!“

Jochens Kartenhaus bricht zusammen
Ich erinnere mich noch sehr genau an diesen Abend. Ich schwor damals sogar bei Gott, dass ich nichts damit zu tun hatte. Dann sagte sie: „Lass uns jetzt bitte beten … Das brachte ich nicht fertig!

Und das war auch definitiv der Punkt, wo mein über Jahre gebasteltes Kartenhaus zusammenbrach. Die Grenze war erreicht!

Maximale Enttäuschung
Ein paar Tage später, drei Uhr morgens, ich bin wach, habe gerade zwei Stunden geschlafen. Neben mir schläft sanft und selig mein Mann. Es ist gerade ein paar Tage her, dass Jochen mir alles erzählt hat. Immer wieder schießen mir die Bilder dieser Frauen in den Kopf. Es ekelt mich. Nein, ich will das nicht sehen. Ich bete die Bilder an Jesu Kreuz. Trotzdem zeigen sich ständig Bilder von attraktiveren Frauen, strafferen Brüsten, tolleren Körpern. Ich hänge an diesen Bildern, wie mit einer Kette verbunden. Nach und nach wird deutlich, welchem Lügengerüst ich geglaubt habe. Vertrauen …? Glauben …? Hohe Telefonrechnungen in der Vergangenheit …? Das war kein Fernsehquiz, das war Telefonsex!

Wer ist dieser Mann? Warum bin ich es nicht wert? Woran denkt er, wenn wir miteinander schlafen? Ich beginne, mich zu hassen. Die vielen Situationen, in denen er anderen Frauen hinterhergeschaut hat, durchs Schaufenster gestarrt, den Kopf verdreht … Immer wieder habe ich versucht, ihm zu glauben. Ich habe an mir selbst gezweifelt und versucht mir einzureden, dass ich mir das nur einbilde. Ja, bei solchen Frauen kann ich nicht mithalten. Das tut weh! Ich fühle mich ungeliebt, hässlich, verraten, nicht ausreichend … mangelhaft! Bei den Bildern, die Jochen konsumierte, die gestellt und geformt sind, die sein Frauenbild veränderten … Wie soll ich da bestehen? Ich hatte mich ihm hingegeben, ihm blind vertraut. Ich habe mich selbst, was ich bin und fühle, verleugnet!

Erste Heilungsschritte
Ich fing an zu beten: „Jesus, übernimm DU Jochen. Ich möchte nicht mehr auf ihn aufpassen. Ich lasse ihn los! Ich will ich selber sein!“ Ich betete dies in Situationen hinein, in denen die Lügen greifbar waren, Computerseiten sich schnell schlossen, Fernsehprogramme verändert wurden, das Handy versteckt wurde, Telefonrechnungen schnell zerrissen wurden, Frauen mich triumphierend, herablassend anlächelten und meinem Mann zuzwinkerten … Ich wollte ich selber sein! Und Jesus hat mich ernst genommen! Er hat mir Stück für Stück die Freiheit geschenkt und mit Hilfe verständnisvoller Menschen, die uns begleitet haben, Licht in mein und Jochens Leben gegeben.

Aber dennoch waren da Schmerz, Zerbruch, Lügengerüste, Misstrauen und Dreck, der auf einmal an mir hing. Das alles war so schwer, dass ich es alleine nicht tragen konnte. Ich brauchte Heilung, einen sicheren Hafen. Beides habe ich in Jesus gefunden. Immer wieder musste ich mir bewusst machen, dass es um MICH geht. Fest die Füße auf den Boden und die Schultern heben, das waren Dinge, die ich antrainiert habe! Mir immer wieder zu sagen: Es ist nicht ok, was passiert ist und DU durftest aufstehen und musst nicht mehr ertragen!!! Eine Liedzeile hat mich durchgetragen: „Healing rain is falling down, I‘m not afraid.“ Ich habe durch das Lied erleben können, wie dieser Heilungsregen mich umgab. Ich höre immer wieder: Du BIST meine wunderschöne, geliebte Tochter!

Jochens neuer Weg
Mit der Hilfe von team-f Freunden und einem Online-Hilfe-Kurs haben wir die ersten Stunden, Tage und Wochen über standen. Dieser Online Kurs hat mir geholfen, meine Situation klar zu reflektieren. Ich bekam einen Online-Mentor an meine Seite gestellt, der meine Antworten auf regelmäßige Fragen einsehen konnte und mich über einen Zeitraum von 60 Tagen ermutigt und korrigiert hat. Ich erinnere mich daran, dass ich in einer der ersten Lektionen den Tipp bekam, an der richtigen Quelle zu trinken.

Dieses regelmäßige Beschäftigen mit Zusagen und Verheißungen Gottes hat mir damals die nötige Wegzehrung gegeben, um diesen Weg in die Freiheit zu starten.

Im Laufe des Kurses wurde ich ermutigt, radikale Schritte zu gehen und Verbindungen sowie Zugänge zur Pornografie zu kappen. Offenheit und Transparenz sind absolute Voraussetzung, um Licht in diese vorher doch so finstere Parallelwelt hineinzulassen. Und so habe ich mir einen Freund gesucht, dem ich die Erlaubnis gab, mich zu hinterfragen und in mein Leben sprechen zu dürfen

Silke und ich haben zudem Hilfe für unsere Ehe gebraucht. Ich habe lernen müssen, meine eigenen Gefühle wahrzunehmen, sie auszusprechen und Empathie für Silke zu haben. Eine Übung dazu ist uns noch in guter Erinnerung: Wir wurden aufgefordert, abwechselnd täglich fünf Minuten über unsere eigenen Gefühle zu sprechen, ohne unterbrochen zu werden. Dies gestaltete sich anfangs schwierig und ich merkte, dass der Wortschatz meiner Gefühle sehr begrenzt war. Nach und nach musste ich lernen, mich wahrzunehmen und das zu benennen. Mittlerweile empfehlen wir diese wertvolle Übung gerne weiter!

Die vielen Gespräche und das gemeinsame Arbeiten an unserer Ehe haben mir geholfen, klarer zu sehen, was Pornografie alles auslöst. Inzwischen habe ich meine Sucht überwunden. Gemeinsam als Paar helfen wir heute anderen Betroffenen.

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