Unterwegs als Single
– von Claudia
Claudia will an der Sehnsucht nach Veränderung festhalten und erzählt, wie ihr dabei ihre Erfahrungen mit dem Klavierspielen und »Mario Kart« eine Hilfe sind.
Zu meinem 40. Geburtstag habe ich mir einen meiner Lebensträume erfüllt. Ich habe mir ein Klavier gekauft und angefangen, Unterricht zu nehmen. Seit fünf Jahren lerne ich kontinuierlich – neue Klavierstücke und damit immer auch etwas über das Leben.
Ein kontinuierlicher Prozess
Wenn ich ein Musikstück spielen gelernt habe, kommt die Frage: Was kommt als nächstes? Meine Lehrerin macht mir Vorschläge. Ich höre aufmerksam im Radio, schaue Notenhefte durch, wir spielen Stücke an und dann entscheide ich mich für eines. Ein neues Stück bedeutet somit einen Annäherungsprozess. Erstens brauche ich eine Idee davon, wie das Stück klingen soll. Dafür höre ich es mir an, oft auch in verschiedenen Variationen.
Zweitens muss ich die Noten »begreifen«. Ich spiele die linke und rechte Hand separat, verstehe, wann welche Hand wo liegt und welche Töne vorkommen. So lerne ich das Stück und seinen Charakter kennen. Und dann kommt die Übungs- und Vertiefungsphase. Erst linke und rechte Hand getrennt spielen, Fingersätze klären, mich im Unterricht korrigieren lassen. Wenn ich beide Hände spielen kann, setze ich sie zusammen. Allmählich wird deutlich, welchen Klang das Stück bekommt. Langsam merke ich, dass ich die Noten im Ganzen ansehe und meine Finger schnell umsetzen, was da geschrieben steht. Ein kontinuierlicher Prozess, der viele Schritte erfordert. Diese Phasen des Lernens sind übertragbar auf mein Leben.
Ich sehne mich nach Veränderungen. Träume, Wünsche, Sehnsüchte sind offen.
Als Single habe ich viel Gestaltungsraum, aber wenn ich diesen nicht bewusst gestalte, bleibt er leer. Wie beim Klavierspielen steht am Anfang die Entscheidung für ein neues Stück. Welchem Veränderungswunsch will ich Raum geben? Dann brauche ich ein genaueres Bild davon, was ich gestalten will. Dabei hilft mir Inspiration von außen, sowie wenn ich mir ein Musikstück anhöre, um es kennenzulernen.
Träume verwirklichen
Ein Traum, den ich auf diese Weise habe Wirklichkeit werden lassen, war ein Besuch der Sagrada Familia in Barcelona. 2012 waren wir während einer Jugendfreizeit einen Tag dort und haben die Kathedrale nur von außen gesehen. Ich habe den Wunsch mitgenommen, sie mal in Ruhe anzuschauen. 2018 bin ich letztendlich für ein paar Tage nach Barcelona geflogen – alleine. Und habe den Besuch der Kathedrale genossen und zelebriert. Noch heute steht ein Kerzenglas bei mir im Wohnzimmer, dass das Muster der Glasfenster zeigt. Eine Erinnerung an verwirklichte Träume.
So habe ich als Single gelernt, alleine Urlaub zu machen, wenn ich niemanden finde, der zur gleichen Zeit Urlaub hat und das gleiche Ziel hat wie ich. Ich habe mich für eine Sehnsucht entschieden, die ich wahr werden lassen wollte. Ich habe die Reise vorbereitet in größeren und kleinen Schritten und sie dann durchgeführt.
Einfach losgehen
Neben Klavier spiele ich auch gerne »Mario Kart« – ein Autorennspiel auf einer Spielkonsole. Eine Zeit lang habe ich das regelmäßig im Jugendzentrum mit Kindern und Jugendlichen gespielt. In diesem Spiel gibt es ein Element, das ich mir manchmal auch für mein Leben wünsche: Bin ich in die falsche Richtung gefahren, kommt von oben ein Hinweisschild, dass ich umdrehen soll.
Ja, solche Schilder wären schon manchmal hilfreich und immer wieder denke ich: Damit wäre es so einfach! Wenn Gott mir auf meinem Lebensweg ganz klare Hinweisschilder vor die Nase stellen würde, wo es lang geht, welcher Weg einzuschlagen und zu verfolgen ist.
In der Bibel lese ich von Menschen, denen das passiert ist. Abraham wurde gesagt: »Geh in ein Land, dass ich dir zeigen will!« (Genesis 12,1). Jeremia bekam von Gott folgenden Auftrag: »Du sollst gehen, wohin ich dich sende und predigen alles, was ich dir gebiete.« (Jeremia 1,7). Ich glaube, dass Gott sehr deutlich reden und klare Anweisung geben kann.
Wenn ich auf meinen bisherigen Weg zurückblicke, dann habe ich das in einzelnen Punkten auch so erlebt. Aber ehrlich, meistens waren Entscheidungs- und Veränderungsprozesse nicht so klar. Da war und ist immer auch mein Einsatz gefragt.
Und es beginnt damit, meine Sehnsüchte und Träume wahrzunehmen und mir Inspiration zu holen.
Mir helfen dabei Gespräche mit anderen, Seminare, Bücher, Gebet. Oft auch einfach nur deshalb, weil ich zur Ruhe komme und Sehnsüchte an die Oberfläche kommen. Und dann muss ich Schritte gehen zur Umsetzung. Ich merke, dass ich dann doch nicht so weit weg bin von Abraham und Jeremia – denn auch sie mussten vor allem eines machen: losgehen.
Veränderung gehört dazu
Auf meinem beruflichen Weg musste ich oft losgehen und habe inzwischen vier Mal die Stelle gewechselt. Drei Mal bedeutete das, in eine andere Stadt zu ziehen und damit waren diese beruflichen Wechsel für mich stets größere Veränderungen. Auch, weil mich jeder Wechsel in ein neues Aufgabenfeld geführt hat, ich Routinen hinter mir gelassen habe und Neues lernen musste. In jeder Veränderung war es mir wichtig, mit Gott gemeinsam die Entscheidung zu treffen. Und ehrlich, jedes Mal habe ich ihn ganz anders erlebt. Einmal habe ich von einer freien Stelle gehört und hatte das Gefühl, sie würde für mich gut passen. Da würde ich gerne arbeiten.
Ich habe gebetet und Gott gesagt, dass ich nichts unternehmen werde, habe es in seine Hände gelegt. Später an diesem Tag klingelte das Telefon und mir wurde die Stelle angeboten. Dennoch hatte ich nach drei Jahren den Eindruck, dass es da für mich nicht weiter geht. Ich habe gekündigt und neu gesucht.
Und diesmal war es ein langes Suchen, Türen wurden geöffnet und doch wieder geschlossen, ich bin nach Bewerbungsprozessen nicht genommen worden und habe selbst Stellen abgelehnt. Dann habe ich eine
Stelle angetreten, die nicht 100 Prozent das war, was ich mir im Findungsprozess vorgestellt habe. Doch mehr und mehr zeigt sich, dass das genau mein Platz ist. So gab es einige Veränderungsprozesse in meinem Leben, die ganz unterschiedlich abgelaufen sind. In denen ich unterschiedlich aktiv war, in denen ich Gottes Wirken unterschiedlich erlebt habe.
Ich will an Träumen und Sehnsüchten nach Veränderung festhalten – die Musik zeigt mir immer wieder, dass es viele Schritte sind, die zum Ziel führen.
Dass eine Umsetzung auch Geduld und Kontinuität erfordert. Und jeder einzelne Schritt will gestalterisch gegangen werden. Manches bleibt dabei auch länger als Sehnsucht bestehen, wie für mich der Wunsch nach einer Partnerschaft. Dennoch will ich meine Lebenssituation jetzt mit Freude gestalten. Und mutig die Schritte gehen, die möglich sind.