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Achtsamkeit mit sich selbst

Wie wirke ich dem Stress entgegen?

– von Ute Wagner

»Achtsamkeit bezeichnet einen Zustand von Geistesgegenwart, in dem ein Mensch hellwach die gegenwärtige Verfasstheit seiner direkten Umwelt, seines Körpers und seines Gemüts erfährt, ohne von Gedankenströmen, Erinnerungen, Phantasien oder starken Emotionen abgelenkt zu sein, ohne darüber nachzudenken oder diese Wahrnehmungen zu bewerten.« – so die Definition von Wikipedia.

Achtsam zu leben finde ich gerade in der heutigen Zeit sehr herausfordernd. Gleichzeitig ist es mir persönlich wichtig, mir immer wieder eine kurze Zeit zu nehmen und in mich hineinzuhören. Wie geht es mir eigentlich gerade? Und dabei nicht nur zu schauen, wie es mir körperlich geht, sondern auch emotional.

Mit dem Thema Achtsamkeit habe ich mich intensiver beschäftigt, nachdem ich den Familienimpuls von Tabea Lunghamer im team-f Podcast gehört habe. Sie beschreibt, dass sie regelmäßig ihren Handy-Wecker stellt und wenn er dann klingelt, nimmt sie sich einen Moment Zeit, um in sich hineinzuhören. Sie spricht im Podcast auch davon, dass Achtsamkeit häufig in Verbindung mit idyllischen Bildern vom Meer oder gestapelten Steinen gebracht bzw. dargestellt wird. Dem konnte ich auch nie etwas abgewinnen und hatte Achtsamkeit deswegen zunächst in die fernöstliche, buddhistische Richtung geschoben.

Diese bewussten kurzen Momente helfen mir in stressigen Situationen, durchzuatmen und bei mir selbst anzukommen. Manchmal helfen sie mir auch, zu sortieren, was dringend erledigt werden muss und was ich auch auf später verschieben kann. Ich werde innerlich gelassener und ruhiger.

Auch kann ich mich in diesen Momente wieder neu mit Gott »connecten«, ihm mein Herz hinhalten und seine Liebe spüren.

Schnelles Leben, voller Terminkalender
Ich habe mich gefragt, warum Achtsamkeit in den letzten Jahren zu einem so großen Thema in den Medien geworden ist. Ich denke, dass wir in einer schnelllebigen Zeit sind, die so noch nicht dagewesen ist. Die Welt steht uns mit so vielen Möglichkeiten und Optionen offen. Ich arbeite als Mutter in Teilzeit, seit beide Kinder vormittags im Kindergarten sind. Gleichzeitig möchte ich aber auch Zeit mit den Kindern verbringen, mein Mann soll dabei auch nicht zu kurz kommen und mir ist es wichtig, mich in der Gemeinde und bei team-f ehrenamtlich zu engagieren, mich mit Freundinnen zu treffen und auszutauschen; einigermaßen regelmäßig Sport zu machen … Die Arbeiten im Haushalt werden irgendwie dazwischengeschoben. Ach ja, kreativ bin auch noch bzw. wäre ich gerne öfters: malen, nähen und seit kurzem Ukulele lernen.

Und da hört die To-Do-Liste noch nicht auf, dort stehen auch noch viele weitere Themen: Aqua-Fitness, regelmäßig ins Fitness-Studio gehen, einen Watercolor-Kurs besuchen, Gesangsunterricht nehmen, selbst Brot backen, mich zusammen mit meinem Mann in der team-f Akademie fortbilden. Wir wollen auch als Mentoren für junge Paar in der Gemeinde da sein und sie begleiten. Und dann stapeln sich auch noch einige Bücher, die ich unbedingt lesen möchte.

Dazu muss ich auch zugeben, dass es bei mir nicht unbedingt aussieht, wie bei »Schöner Wohnen«. Manchmal herrscht hier ein Chao an Spielsachen und anderem Durcheinander, das darauf wartet, aufgeräumt zu werden. Ich versuche eine gewisse Ordnung zu halten, aber das gelingt mir nicht immer.

Wenn meine Mutter, die meinen Bruder, meine Zwillingsschwester und mich großgezogen hat, heute gefragt wird, ob es nicht anstrengend sei, drei Kinder, insbesondere Zwillinge, großzuziehen, antwortet sie, teilweise vielleicht auch mit einer »verklärten« Erinnerung, dass sie es nicht als anstrengend oder stressig empfunden hat. Als wir Kinder größer waren, ging sie auch in Teilzeit arbeiten, aber ich kann mich nicht erinnern, dass sie viele Hobbys hatte. Sie machte gerne Handarbeiten abends vor dem Fernseher, hatte eine enge Beziehung mit ihrer Mutter und ging mit meinem Vater alle 14 Tage zum Kegeln und ab und zu mit Freunden essen. Ich will das nicht bewerten, vielmehr damit veranschaulichen, dass die Generation meiner Eltern noch anders lebte und nicht von einem Termin zum anderen »hetzte«, wie es bei mir und auch in meinem Bekanntenkreis häufig der Fall ist.

Wie ich dem Stress entgegen wirke? Ich halte inne, bin achtsam mit mir. Ich bete auch immer wieder und frage, was Gott möchte, was gerade wichtig und dran ist.

Meine Kinder sind in einem Alter, in dem sie sich nachmittags mit Freunden treffen und ich mich um Dinge kümmern kann, die liegengeblieben sind. Damit mein Mann und ich Zeit miteinander verbringen können, besuchen die Kinder immer mal wieder über das Wochenende Oma und Opa. Das ist ein großer Segen für uns.

Für Sport versuche ich, mir in der Woche zweimal 30 Minuten Zeit zu nehmen. Das funktioniert nicht immer und ich bin inzwischen gut darin, mir keinen Druck aufzubauen. Dann fahre ich mit den Kindern mit dem Fahrrad zu ihren nachmittäglichen Aktivitäten.

Meine Hobbys warten zum Teil monatelang darauf, dass ich kreativ werde. Dafür nutze ich dann auch die Abende in der Urlaubszeit, wenn wir nicht weggefahren sind. Dann habe ich Kraft und Lust zu malen oder zu nähen. Das Ukulele-Spielen habe ich wieder aufgehört bzw. verschoben. Es ist nach wie vor ein tolles Instrument, doch um Fortschritte zu machen, müsste ich regelmäßig üben. Nach Wochen fange ich wieder auf demselben Stand an und bin frustriert. Nur in der Weihnachtszeit packe ich sie wieder aus, um Weihnachtslieder zu begleiten.

Nicht immer müssen
Und die Dinge auf meiner To-Do-Liste? Manche Dinge, wie zum Beispiel Brotbacken, fallen in die Kategorie »Wäre schön, muss aber nicht«. Dann kaufe ich mein Brot eben beim Bäcker. Andere Dinge, wie die Fortbildung, stehen im Moment nicht an; das Ziel ist, in den nächsten zwei bis drei Jahren damit zu starten.

Es entspannt mich, nicht alles auf einmal zu »müssen« und auch nicht zu »wollen«.

Hin und wieder überkommt mich das Gefühl, jetzt sollte ich das eine oder andere doch angehen. Das passiert mir meistens, wenn ich in mein Umfeld oder in die sozialen Medien schaue und anfange, mich mit anderen zu vergleichen. Das Problem ist, dass ich da meistens schlecht abschneide und mich das frustriert. Ich lerne immer mehr, mich von diesen Vergleichen und dem Druck, der dabei entsteht, freizumachen. Das gelingt mir dadurch, dass ich dankbar auf das schaue, was ich habe: eine großartige Familie, einen Job, der mir Spaß macht und ich dabei auch kreativ sein kann, eine Gemeinde, in die wir seit noch nicht allzu langer Zeit gehen und in der wir immer mehr ankommen … Gott versorgt uns auf so wunderbare und überreiche Weise. Es tut gut, das nicht als selbstverständlich zu nehmen und es immer wieder dankbar zu bestaunen.

Ich möchte im Hier und Jetzt leben, die Zeit im Moment genießen und mich nicht »hinsehnen«, ach, wenn die Kinder größer sind, dann mache ich dies und das, und wenn ich mir diesen Traum erfülle, dann kann ich endlich …

Im Hier und Jetzt leben heißt für mich, dass nicht alles stressfrei und in Superharmonie verläuft. Natürlich haben wir unsere Herausforderungen, mit den Kindern und in der Ehe. Aber es macht einen Unterschied, ob ich die Zeit, in der ich gerade stehe, mit allen Schwierigkeiten und Herausforderungen annehme oder die ganze Zeit darauf warte, dass sich was verändert oder verbessert.

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