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Wenn du nur genug glaubst …

von Mirijam Krügel

Dann wirst du heil. Wie? Du bist schon wieder am gleichen Punkt? Wo ist denn dein Glaube? Du musst nur glauben, dann wird alles gut! Du musst den Menschen, die dich verletzt haben, vergeben!

Kennen wir nicht alle solche Fragen, die uns Druck machen, die Leistung von uns abfordern? Aussprüche die uns vor Augen halten, wie schwach wir zu sein scheinen? In mir haben diese Sätze viele negative Gefühle ausgelöst und problematische Lebensprogramme angestoßen. Übermäßiger Leistungsdruck, Mobbing, Probleme innerhalb und außerhalb der Familie hatten außer dem inneren Schmerz auch ganz viele Ängste zur Folge: Angst, zu versagen. Angst, Gott nicht zu genügen. Angst, nichts wert zu sein, weil ich es ja nicht schaffe.

Angst, kein guter Christ zu sein. Angst, alles falsch zu machen. Angst, dass ich immer weiter mit der Last der Vergangenheit herumlaufen muss. Die ganzen Jahre zuvor schienen trotz viel Gebet, Seelsorge und Therapie nur wenig Entlastung gebracht zu haben. Ich hatte Angst, nicht frei zu werden.

Im November 2018 hatte ich im Seminar „Freiheit erleben – Beziehungen klären“ das erste Mal Kontakt mit team-f. Ich hatte keine Erwartungen, warum auch? Viel zu oft hatte ich versucht, meine Anliegen und Problematiken innerlich zu ordnen und bin enttäuscht wieder gegangen.

Und doch kam ich mit einem bestimmten Thema zu diesem „Freiheit erleben“-Seminar: Die Beziehung zu meiner Mutter. Das erste woran ich mich sehr genau erinnere, ist die Atmosphäre. Eine neue Erfahrung. Schon oft hatte ich den Eindruck, die Freiheit der Kinder Gottes zu erleben. Doch hier war etwas anders: unverkrampfter, echter. Keine Aufforderungen oder Appelle wie „du sollst …, du musst …!“. Das erste, was tief in mein Herz fiel und mich hellwach werden ließ, war die Aussage: „Ihr müsst gar nichts!“ Das kannte ich nicht. Ein absolut neuer Satz. Und während des Seminars hörte ich immer und immer wieder Sätze und Ansätze scheinbar zum ersten Mal. Einer davon war, auch Wut zuzulassen.  Für mich etwas, was bei einem guten Christen überhaupt nicht geht und nicht sein darf – eine innere Festlegung, der ich lange gefolgt war.

Wir sollten einen Anklagebrief schreiben und ich wusste überhaupt nicht, was das ist und wie das geht. Ich habe einfach angefangen. Das Resultat war ein Gedicht mit vielen Versen.

Ich wusste in dem Moment nicht, woher die ganzen Worte kamen. Irgendetwas war plötzlich in mir angestoßen.

Heute weiß ich, es war mein verletztes inneres Kind, das zu Wort kommen durfte.

Nachdem ich meine Anklagen ausgesprochen und mich von den Erwartungen anderer gelöst hatte, gab es in mir viel Leichtigkeit, Freude und Freiheit. Neue Freiheit!

Meinem inneren Kind durfte ich einen Tag später noch einmal begegnen, ausgelöst durch die Aussage: „Ich komme zuhause nicht zur Ruhe.“ Die Fragen: „Wer treibt mich an? Was treibt mich an? Warum darf ich keine Pause haben?“ gingen ganz tief. Und meine inneren Antreiber waren laut: Ich darf nicht, sonst wird die Arbeit nicht fertig, oder: Ich bin nicht gut genug. Und wo war das kleine Kind, das all dies angenommen hat? Ich wusste es nicht. Weit zurückgezogen, versteckt und nicht sichtbar. Doch wollte ich das Kind in mir kennen lernen und genau das habe ich dann auch. Ich wurde ermutigt, mit meinem inneren Kind in einen Dialog zu treten. Es war eine neue, wundervolle Erfahrung, die ich nicht mehr vergessen werde. Was sich bis heute spürbar verändert hat ist, dass ich selbstbewusster bin und neue Seiten an mir kennen gelernt habe.

Ich kann meine Stärken benennen und bin ein wenig entspannter, wenn mal etwas schief geht. Ich habe angefangen, Gedichte zu schreiben, zu malen, mal ausgelassen zu tanzen und mich zu bewegen. Und ich traue mich, mich schön zu machen und mal frech oder kess zu sein. Alles Dinge, die ich vorher gar nicht oder nur mit einem schlechten Gewissen gemacht habe.

Ich versuche auch im Alltag, meinem inneren Kind zu begegnen und, wenn irgendetwas komisch scheint, mit den Gefühlen, einzuschätzen, wer in mir sich da gerade wieder in den Vordergrund spielt.

Welche Gefühle darf ich zurechtweisen und welche einfach zulassen? Das bedeutet noch immer üben und ist ein Prozess. Aber alles hat seine Zeit und wir sind zur Freiheit berufen. Freiheit bedeutet: Kein auferlegter Druck. Kein Leistungsdenken. Keine zu hoch gesteckten Ziele. Ich bin sehr dankbar für dieses erste und bei weitem nicht letzte Seminar bei team-f. Freiheit ist für mich der Glaube an den Gott, der mich diese Freiheit der Kinder Gottes immer mehr verstehen und erfahren lässt und mich auf diesem Weg begleitet.

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